Wohnbauförderbeitrag in Wien: Mehr Geld, weniger Transparenz?

Autor
Victoria Reichard, MSc, Geschäftsführung ViennaEstate Asset Management GmbH
Kategorien
ImmobilienNews
Veröffentlicht am 21. Oktober 2025
Arbeiter auf der Baustelle

Wien erhöht ab 2027 voraussichtlich den Wohnbauförderbeitrag (WBF-B) von bisher 1 % auf 1,5 % des Bruttogehalts. Was auf den ersten Blick wie eine Investition in leistbaren Wohnraum wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als komplexe Maßnahme mit weitreichenden Folgen – für Arbeitnehmer*innen, Arbeitgeber*innen und die Immobilienwirtschaft.

Was ändert sich konkret?

Der WBF-B ist eine zweckgebundene Lohnnebenabgabe, die seit 2018 von den Bundesländern selbst geregelt werden kann. In Wien lag der Beitrag bisher bei 0,5 % für Arbeitgeber und 0,5 % für Arbeitnehmer. Ab 2027 steigt dieser Satz auf je 0,75 %, also insgesamt 1,5 % des Bruttogehalts.

Beispielrechnung: Was bedeutet das für Beschäftigte?

Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 3.000 € zahlte bisher: 0,5 % Beitrag = 15 € monatlich

Ab 2027: 0,75 % Beitrag = 22,50 € monatlich

→ Das bedeutet 7,50 € weniger Netto pro Monat – jährlich rund 90 € weniger verfügbares Einkommen. Gleichzeitig zahlt der Arbeitgeber mehr Lohnnebenkosten, aber nicht weniger Bruttolohn.

Auswirkungen auf die Immobilienbranche: Ein Kurswechsel?

Die Maßnahme käme zu einem Zeitpunkt, an dem die Immobilienbranche ohnehin unter Druck steht: Besonders kritisch ist die geplante Verwendung der zusätzlichen Mittel. Zwar soll der Beitrag weiterhin zweckgebunden sein – doch nicht mehr ausschließlich für Wohnbau. Auch Soziales und Bildung (z. B. Kindergärten, Schulen) sollen künftig mitfinanziert werden.

Das wirft Fragen auf:

  • Warum wird eine wohnbaubezogene Abgabe plötzlich für andere Bereiche geöffnet?
  • Wo bleibt die Transparenz über Mittelverwendung und Wirkung?
  • Wie soll die Immobilienwirtschaft davon profitieren, wenn Gelder abfließen?

Die Zweckbindung verliert damit an Klarheit – und an Glaubwürdigkeit.

Und wie sieht es in den Bundesländern aus?

Laut aktuellen Medienberichten planen keine anderen Bundesländer, dem Wiener Modell zu folgen. Die Erhöhung bliebe ein isolierter Schritt, der weder bundesweit abgestimmt noch flächendeckend als Lösung anerkannt ist. Das zeigt: Die Maßnahme ist eigentlich nicht konsensfähig – und wirkt wie ein Alleingang ohne strategische Einbettung in eine übergeordnete Wohnbaupolitik.

Unsere kritische Zusammenfassung

Die Erhöhung des Wohnbauförderbeitrags mag kurzfristig mehr Mittel bringen – doch sie ist keine langfristige Lösung für die Herausforderungen am Immobilienmarkt. Sie belastet Einkommen und Unternehmen, ohne gleichzeitig die strukturellen Probleme zu lokalisieren: hohe Baukosten, schwaches Wirtschaftswachstum, regulatorische Hürden.

Die Öffnung der Zweckbindung für Soziales und Bildung ist nicht transparent und verwässert den ursprünglichen Zweck der Abgabe. Dass andere Bundesländer nicht folgen, unterstreicht die Uneinheitlichkeit und den fehlenden politischen Konsens.

Fazit:

Mehr Geld allein löst keine Wohnbaukrise. Es braucht gezielte Entlastungen, klare Zweckbindungen und eine überregionale Strategie – nicht isolierte Maßnahmen mit fragwürdiger Wirkung.

Weiterführende Quellen:

Der Standard